Freitag, 9. Dezember 2011

Hauptsache Theater!


Anmerkung vorweg: Dieser Post hat nicht den Anspruch einer professionellen Theater-Rezension. Das können andere Menschen bestimmt besser. Außerdem befinden sich hinter den Links der Stücke die Homepages zu diesen, wo man nochmal den Inhalt und, noch wichtiger, die Termine der nächsten Vorstellungen nachlesen kann.

Wenn man, wie ich, mit einem Schauspieler, dazu noch mit einem der besten, des größten Theaters der Hansestadt zusammen lebt, ist man ein bisschen dazu gezwungen, sich mit Theater zu beschäftigen. Fast täglich erfahre ich die neuesten News von allen und höre Berichte von Vorstellungen, Problemen und allem. Bevor ich hier wohnte, hatte ich eine eher romantische Vorstellung von dem Beruf des Schauspielers. Nun weiß ich, dass es ein harter Job ist, der wahnsinnig viel von einem verlangt, und ich weiß nun, dass dieser Beruf für Schauspieler ein Beruf ist wie jeder andere auch.
Wenn man mit einem Schauspieler zusammen lebt, wird man übrigens auch ein wenig gezwungen, ab und zu ins Theater zu gehen. Das finde ich klasse. Ich habe mir immer schon vorgenommen, mehr ins Theater zu gehen, und momentan mache ich das so oft wie noch nie vorher in meinem Leben. Das ist ja auch was Gutes: Hat irgendwie mit meinem Studium zu tun, es macht Spaß, ist tausend Mal besser als fernzusehen und man fördert die Kultur damit. Das ist meiner Meinung nach sehr wichtig, weil das ja nun mal leider eine Stelle ist, an der immer als erstes eingespart wird. Dumm!



Hier ein paar Beweise für meine Theaterbesuche.
 


So, nun hier eine Synapse meiner bisherigen Theaterbesuche, in der Hoffnung, dass daraufhin mehr Menschen ins Theater gehen.
Das erste Stück, das ich vor ein paar Wochen hier sah, war „Die Nibelungen“ von Friedrich Hebbel. Der Name ist dabei Programm. Aufgrund mangelnder Zeit und Lust, werde ich hier nun nicht beschreiben, worum es da geht, weil die Story einfach wahnsinnig komplex ist. Was ich jedoch feststellen muss: Es war sehr bunt, laut und schrill und ich fand es großartig, da zum ersten Mal meinen Mitbewohner auf der Bühne zu sehen! Vielleicht ist das Stück für Menschen, die es lieber klassisch mögen, ein wenig too much, weil auch die Kostüme nicht gerade konventionell sind. Siegfried beispielsweise ist ein goldener Superman und Supermuskeln. Ich war sehr fasziniert davon, vor allem vom Ende: Das alles endete in einer Tanzszene des Ensembles, bis dann irgendwann die Schauspieler Leute aus dem Publikum mit auf die Bühne holten. Am Ende war dann das halbe Publikum, inklusive mir, auf der Bühne am Tanzen und Bewegen und so, das hat großen Spaß gemacht.

Nun ein kleiner Exkurs, weil’s mit Schauspiel nicht so viel zu tun hat: Ein paar Wochen später war ich in der „Zauberflöte“ (wer nicht weiß, von wem das ist, ist jetzt offiziell dismissed). Ich war überhaupt noch nie vorher in einer Oper und auch hier war ich total fasziniert. Ich kannte das meiste natürlich von der Musik und hatte fast durchgehend Gänsehaut. Leider hat man aber gemerkt, dass die Opernmenschen zwar richtig gute Sänger, aber eben keine Schauspieler sind. Das Bühnenbild und die Kostüme waren auch spitze. Ständig stieß ich meinen Mitbewohner an und sagte: „Awww, ich will das Flamingokostüm haben! Und das Bärchenkostüm! Und ich will auch mal auf dem fliegenden Teppich sitzen! Und ich will auch mal in einer Wolke sitzen und mit Glitzer werfen!“ Am emotionalsten für mich persönlich war die Rachearie der Königin der Nacht. Selbst mein Mitbewohner, der die Oper schon oft sah, meinte, er hätte es live noch nie so gut gehört wie an jenem Abend und das finde ich natürlich total abgefahren. Ich saß da in meinem Sitz, während diese kleine zierliche Frau diese Töne von sich schmettert und musste, ganz ohne Witz, mit mir selbst kämpfen, damit ich nicht in Tränen ausbreche und das ganze Theater unter Wasser setze. Das war total schön und ich hoffe, dass ich das nicht so schnell vergessen werde.

Nun war ich vor ein paar Tagen im Moks, einem Nebenhaus vom Theater. Da spielten ein paar Leute ein Stück namens „Der Messias“, das war eine Farce und sehr lustig. Grob gesagt ging es um vier Theatermenschen, die einem Publikum ihre Version von Jesus‘ Story präsentieren wollten, wobei aber dann einiges so richtig schief ging, was dazu führte, dass ich mich fast durchgehend kaputtlachen musste. Dabei bahnen sich auch ein paar Probleme zwischen den einzelnen Figuren und deren Beziehungen zueinander an, was zwischendurch demnach auch ernsthaft ist. Im Großen und Ganzen überwiegt aber der Witz, und der ist hier wirklich gut! Nicht zu abgehoben, nicht zu abgedreht, nicht zu platt, sondern einfach super.

Weiter geht es mit dem „Gott des Gemetzels“, was gerade wieder aufgenommen wurde. Das wurde auch verfilmt und läuft derzeit in den Kinos, dazu kann ich aber nichts sagen. Hier geht es um zwei Ehepaare, die sich treffen, weil das Kind des einen Ehepaares dem Kind des anderen Ehepaares zwei Zähne ausgeschlagen hat. Das eine Kind war mit einem „Stock bewaffnet“, oh, nee, besser ist „ausgestattet“. Dabei kommt es natürlich zu vielen hitzigen Auseinandersetzungen zwischen den Paaren, aber auch innerhalb der Paare. Es wird gekotzt, gesoffen und gebrüllt, und irgendwie ist das Ganze urkomisch.

Komme ich nun zu dem letzten Stück, das ich bisher gesehen hatte. Da hat wieder mein Mitbewohner mitgespielt, und zwar ist er eine superkuhle Ratte, mit Fell in Gesicht und auf Händen, schwarzen Kontaktlinsen uuuund einem superkuhlen Rattenschwanz, auf den ich ein bisschen neidisch bin. Das Stück heißt „Hauptsache Arbeit!“ Da gibt es drei Ratten und ein paar Mitarbeiter einer Firma. Nach und nach bringt meine Mitbewohner-Ratte alle dazu, zu sagen, was sie wirklich von ihrer Arbeit in der Firma halten, und sie erzählen aus ihrem Leben, ihrer Vergangenheit, ihrem Alltag. Dabei zeigt sich immer mehr, wie unzufrieden alle eigentlich sind, und trotzdem wollen sie weiter arbeiten und kommen aus diesem Trott nicht raus. Sehr gut hat mir hier (neben meinem Mitbewohner versteht sich) eine Figur gefunden, die immer wieder sagt, sie wisse nicht, was genau sie eigentlich tut, und dass es schon okay ist, als Frau benachteiligt zu sein. Die Schauspielerin hat diese naive Haltung so wahnsinnig gut rüber gebracht, das war herrlich. Demnach gab es auch einige Lacher, tendenziell ist der Stoff jedoch sehr ernst gewesen. Und irgendwie mag ich es auch, wenn das Theater mich dann sitzen lässt mit Gedanken darüber, wie scheiße alles doch eigentlich ist. Zusätzlich muss ich zu diesem Stück sagen, dass ich es sprachlich großartig fand. Die Sprache war voller Bilder, kluger Wortspiele und schöner Poetik. Einen Satz habe ich noch im Ohr: „Mein Mann verlor erst seine Haare und später mein Herz.“ Das Stück hat mich also auf allen Ebenen angesprochen, nämlich wegen der Thematik, der Sprache und des Humors. Allzu viele Kostüme gab es hier, abgesehen von den Ratten, nicht – alle sahen eher aus wie normale Büroarbeiter: Männer im Anzug, Frauen in Kostümen oder Hosenanzügen.

Als nächstes werde ich mir übernächstes Wochenende mit dem Windtypen „Die Bremer Stadtmusikanten“ ansehen. Darauf freue ich mich schon lange und ganz dolle, vor allem, weil da auch wieder Herr Mitbewohner mitspielt. Ich habe schon Bilder gesehen und bin jetzt schon neidisch auf die tollen Kostüme.

Und an alle Leute da draußen, die das hier gerade lesen und demnach vor ihrem Rechner sitzen… Geht mehr ins Theater. Geht überhaupt ins Theater. Geht in die Stücke, in die auch gegangen, weil sie nämlich ganz großartig sind. Oder geht in andere Stücke, ganz egal. Hauptsache Theater! Überhaupt.



Kühlschrank-Poesie-Theater-Assoziationen.

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