Mittwoch, 21. Dezember 2011

Weil das alles ein bisschen weniger existiert.



 


 Ich weiß, ich werde dich wiedersehen, nach gar nicht allzu langer Zeit. Und obwohl es nicht lange her ist, ist vieles einfach so anders. Trotzdem: Meine Freude über unser Wiedersehen kann ich einfach nicht verbergen. Ich habe mich auf den Weg gemacht, huste viel und atme flach, sollte mich schonen, eigentlich, weil ich danach doch noch so vieles vorhabe. Vielleicht bereue ich es später (aber nicht wirklich). Und dann laufe ich diesen weiten Weg vom Zug zu dir, ich versuche mich zu beeilen, weil ich weiß, dass du schon wartest und der Wind ist laut abends. Ich freue mich so, so sehr. Ich muss grinsen und denke mir: Wie bescheuert ist das? Ich laufe alleine durch den Bahnhof und grinse ins Nichts. Auf diesen Gedanken hin versuche ich, meine Gesichtsmuskeln zu entspannen. Und es klappt. Aber nur für einen Miniminibruchteil einer Sekunde. Dann muss ich wieder grinsen. Wieder und wieder versuche ich mich zu entspannen, aber meine Freude gewinnt Oberhand. Ich will kuhl, lässig und einfach mal ganz normal sein, aber der Plan haut nicht hin. Und dann bin ich draußen im Wind und du drehst dich weg, suchst nach mir, und dann weiß ich nichts mehr, vielleicht habe ich geschrien, vor Freude, wie ich es immer mache, wenn ich mich wahnsinnig dolle über irgendwas freue. Und dass ich es immer noch schaffe, dich zu erschrecken, finde ich irgendwie lustig. Und dann sehe ich dich an und du siehst ein bisschen aus wie immer und irgendwie bin ich froh, dass ich dein Gesicht nicht vergessen habe. Ich sehe ein paar neue Teile an dir und dann laufen und reden wir und fast alles ist ein wenig wie früher, nur die Stadt eine andere, und die Richtungen, aus denen wir kommen, und das Wetter ist auch anders als sonst. Und dann sind wir irgendwo und lachen über uns selbst, über Preise, Kaffee und ob es unhöflich ist, einfach zu einem anderen Laden zu gehen, obwohl man schon bestellt hatte. Wir sitzen da und sehen die ganzen Lichter und es ist ziemlich warm, wie früher, wenn wir beide unsere berühmten Hitzewallungen hatten. Irgendwann sind wir dann da und reden über irgendwas und lachen und du rauchst und es ist alles so leicht, plötzlich. Dann sitzen wir da und beobachten Menschen und reden über sie und ich merke, wie sehr ich dich eigentlich vermisse und frage mich ernsthaft, wie ich damit klarkommen soll. Wir sitzen da und es ist ruhig, irgendwo da vorne turnen komische Menschen mit Geräten herum und irgendwann können wir nichts mehr ernstnehmen. Da geht der Schabernack wieder los. Und das hat mir so gefehlt: Mit dir in Momenten Unsinn zu machen und zu kichern, in denen ich mit anderen Menschen ganz ernst und irgendwie romantisch bin. Ich mag mich, wenn ich mit dir zusammen bin. Ich vergesse alles andere, selbst die Luft und die Stimmung und das, was vor mir liegt. Dank dir kann ich für einen Moment alle miesen Sachen dieser Welt (und aus diesem Leben) einfach mal links liegen lassen, weil das alles ein bisschen weniger existiert, wenn wir in einem Raum sind. Später denke ich ein wenig wehmütig an unser Früher und dann weiß ich, dass unser Früher nicht erst später in Erinnerungen gut geworden ist, sondern es schon damals so unendlich gut war. Und dann frage ich mich, wie ich das alles eigentlich aushalten soll. Ohne dich und so. Irgendwie schaffe ich es und manchmal bin ich froh, dass ich manche Eigenarten von dir habe und manchmal denke ich, dass wir gerade genau dasselbe denken, egal, wo wir gerade sind und was wir machen. Und dann nehmen wir Abschied, ich werfe mit blöden Floskeln um mich, hasse mich dafür ein wenig, und später aber nicht mehr, weil ich nicht mal eben in zwei Sätzen am Gleis sagen kann, was mir das bedeutet. Dann finde ich es seltsam, in eine andere Richtung zu fahren als du und ich könnte weinen, aber ich mache es nicht. Dafür grinse ich immer noch und bin froh, dass ich dich dieses Jahr noch ein Mal sehen konnte, obwohl nicht immer alles einfach und undramatisch war. Ich denke an dich und wie du vorhin warst und ich stelle fest, dass es dir gutzugehen scheint, ohne mich, wegen ohne mich, trotz ohne mich? Und dann begreife ich, dass ich eigentlich nicht wirklich schuld an deinem Glück war und du auch nicht an meinem, weil es mir meistens immer noch gut geht und dann denke ich, dass das irgendwie schön und auch ein wenig traurig ist, manchmal. Und gleichzeitig weiß ich, dass wir irgendwann auch mal wieder in dieselbe Richtung fahren werden. Wann, das ist mir ganz egal, weil Zeit bei sowas keine Rolle spielt, sondern nur, ob wir dann Rückenwind haben oder nicht.

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