Freitag, 15. April 2011

"Manchmal sollte man sich schnell verabschieden. Weil es schwierig ist, die Nudeltüte nur mit einer Hand aufzumachen."

Ich bin nicht so gut im Verabschieden. Überhaupt nicht gut, glaube ich. Das liegt daran, dass ich das nicht mag. Nein, ich hasse es. Ich hasse Abschiede. Ich hasse es, mich zu verabschieden. Ich kann einfach nicht damit umgehen.
Vor ein paar Jahren gab es in meinem Leben einen Abschied, der gar nicht schön war, sondern eher schmerzhaft. Spätestens seitdem weiß ich, dass ich das nicht mag. Und ich hatte schon so viele Abschiede. Und da war ich oft sehr traurig. Klar, es kommt immer wer Neues, aber trotzdem. Für einen Moment (Moment ist in diesem Fall ein dehnbarer Begriff mit einer Dauer von einer Minute bis hin zu mehreren Wochen) war ich trotzdem traurig.
Schon einer dieser alten Griechen hat mal gesagt, dass jeder Abschied wie ein kleiner Tod sei, oder so ähnlich. Ich weiß nicht, ob ich das so unterschreiben würde. Es klingt so herzzerreißend, aber ein kleiner Tod? Hmmm. Ich würde eher sagen: wie ein Wachkoma. Zumal die Ungewissheit, ob wann wie und überhaupt man sich wiedersieht, wiederspricht und so einfach manchmal so groß ist, dass ich nicht weiter weiß. Wachkoma eben. Da weiß man auch nicht. Glaub ich.
Und ich bin auch so jemand, der bei Abschieden weint. Jetzt nicht, wenn ich mich von Freunden verabschiede, die ich am nächsten Tag in der Uni sehe. Aber bei anderen, die ich lange nicht gesehen habe und bei denen ich nicht weiß, wann und ob ich sie überhaupt wiedersehen kann. Dann weine ich und verfluche die Welt für ihre Unfairness. Letzten Sommer bin ich nach einem Abschied weinend aus dem Göttinger Bahnhof gegangen. Ob das jemand sieht, war mir egal. Das musste halt raus.
Und ich weiß auch nie, was ich bei Abschieden sagen soll. Was sagt man denn so. „War schön mit dir, werde die Zeit nie vergessen, ich wünsch dir sonstwas“? Oder sowas wie „Wir sehen uns im nächsten Leben“? Ich weiß es doch nicht, das überfordert mich.
Vor ein paar Jahren, als ich auf Reisen war, habe ich auch viele Leute verabschiedet, die mir so begegnet sind. Am Anfang war das doof und ich traurig. Aber dann bin ich irgendwie abgestumpft. Und heute bin ich wieder das 19-jährige Mädchen von damals, das sich nicht unter Kontrolle hat.
Mein Hass auf Abschiede geht sogar so weit, dass ich auch das Auflegen des Telefons schrecklich finde. Jeder, der schon mal mit mir telefoniert hat, weiß, dass das in der Regel so abläuft: Die andere Leitung sagt „So, ich muss mal Schluss machen, muss gleich dasunddas machen, und dann daundda hin“, sowas halt. Dann fällt mir aber irgendwas Wichtiges ein und das Gespräch geht nochmal zwanzig Minuten länger. Meine Freunde wissen mittlerweile, dass sie am besten schon am Anfang des Gesprächs „Ich muss nun auflegen“ sagen sollten. Es tut mir leid, dass ich das immer wieder mache, keinen Punkt finde und einfach nicht den roten Knopf drücken will. Ich hasse Abschiede halt einfach.
Vorhin sprach ich mit dem Windtypen und der erzählte mir von seiner Tante, die beim Verabschieden immer halbe Reden hält. Ich glaub, das mache ich nicht so oft. Ich wünsche viel Spaß und irgendwann ist mein Mund auch in der Lage, ein langgezogenes „Tschüüüüüüüß“ zu artikulieren. Lange Abschiede machen doch eh alles noch schmerzvoller und heftiger, weil man letztlich einfach nur zu feige für den Moment ist. Und kurze Abschiede, ja, dann wünscht man sich später, dass man noch dasunddas gesagt hätte und man ärgert sich. Aber vorhin am Telefon habe ich gelernt, oder besser gesagt von der anderen Leitung gehört: „Manchmal sollte man sich schnell verabschieden. Weil es schwierig ist, die Nudeltüte nur mit einer Hand aufzumachen.“ Das gefällt mir, diese Ansicht. Trotzdem weiß ich nicht, was ich sagen soll.
Vielleicht sollte man einfach sagen, so wie die es down under auch machen: „See ya later.“ Weil da irgendwie was dran ist. Manchmal zumindest.

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