Freitag, 13. Mai 2011

An dich und an Hamburg und an meine Gitarre.

Vor ein paar Tagen habe ich über meine Kindheit geschrieben. Ein nächtliches Telefonat mit einer ganz alten, besonderen Freundin hat mich dann dazu inspiriert, mal über meine Jugend nachzudenken.
Ich habe gemischte Gefühle. Irgendwo zwischen „Mann, bin ich froh, dass diese Zeiten vorbei sind“ und „Mann, wo sind diese Zeiten eigentlich hin?“. Wenn ich darüber nachdenke, komme ich mir echt ein wenig lächerlich vor, weil ich mich damals für unendlich reif hielt und nun im Nachhinein denke, wie affig ich doch war. Trotzdem gab’s gute Zeiten, die ich vermisse, manchmal, ein bisschen.

Alles war so aufregend. Man ging in Kneipen, obwohl man noch nicht da sein durfte. Man trank Drinks, deren Namen man sich nicht merken konnte. Man blieb länger weg, als es gesetzlich erlaubt war. Jedes Mal wieder diese Angst: Kommen wir ohne Perso rein? Und später, mit Perso, die Frage: Kommen wir unter 18 rein? Und wenn ja: Werden wir um Mitternacht rausgeworfen? Der reinste Nervenkitzel war das. Heutzutage kommt man überall rein, man darf alles trinken, manchmal wird man noch nach dem Perso gefragt, aber es steckt keinerlei Stolz mehr darin, wenn man ihn dann hochhält.

Ich erinnere mich an dich und denke daran, wie ich wusste, dass du mich immer verstehst. Wir waren ein gutes Team. Nein, sehr gut, unendlich gut, unübertroffen gut. Ich wusste, du würdest mich immer verstehen und das hast du auch, und wenn nicht, dann haben wir gelacht. Ich erinnere mich, wie ich dich aus betrunkenen Augen ansah, als wir tanzten, und dass deine betrunkenen Augen mich auch ansahen. Ich wusste, dass wir die Tanzfläche beherrschten.
Am nächsten Tag konnte ich mich mit dir über all die lustigen Geschehnisse der Nacht kaputt lachen, das haben wir oft gemacht, denn wir waren ja oft feiern. Ganze Wochenenden, zwei Tage hintereinander, das mache ich jetzt nicht mehr mit. Ich erinnere mich an dich, und kaum noch an die Schule, trotzdem hatten wir gute Noten. Und wir sahen immer umwerfend aus. Du, warum bin ich eigentlich so schön?

Wie wir uns doch damals über jeden sturmfreien Tag gefreut hatten. Freiheit, yeah. Wir konnten machen, was wir wollten. Heute wünsche ich mir manchmal, dass meine Wohnung nicht so leer wäre. Und dann waren da immer die Sommerferien. Ich erinnere mich an dich und an Hamburg und an meine Gitarre. Daran, wie wir im Zug zusammen einen Song geschrieben haben. Die Nächte waren lau und wir einfach nicht müde. Heute hätte ich fast Angst, vor allem vor den Blicken, wenn ich im Zug die Gitarre auspacken würde. Ich würde vermutlich für verrückt erklärt.

Diese Leichtigkeit, dass uns das alles egal war, das vermisse ich manchmal. Ich weiß nicht, wann ich das verloren habe. Manchmal denke ich, ich hab’s doch nicht verloren, weil ich auch noch heute mit dir manchmal wieder voller Leichtigkeit bin. Alles war so einfach damals. Wo sind die Zeiten hin? Wo sind die Zeiten hin, in denen wir unsere gebrochenen Herzen mit Witzen flickten? Warum klappt das heute nicht mehr? Wir sind über alles hinweggekommen, ich erinnere mich daran. Wir haben einfach Witze gerissen, Sprüche geklopft, die niemals jemand hören sollte.

Wie dumm es doch damals war, unbedingt erwachsen werden zu wollen. Ich erinnere mich daran, an dich und an mich, wie wir das wollten und was wir uns ausmalten. Heute weiß ich, dass es dumm war, das zu wollen. Weil es tatsächlich passiert ist. Und manchmal finde ich es traurig. Und dann erinnere ich mich an dich und alles. Und irgendwie bin ich glücklich, dass es dich noch gibt, dass es noch jemanden gibt, der mich noch kennt, von damals und von heute. Und dass wir immer noch über die alten Geschichten lachen, erst gestern haben wir es gemacht.

Über manches, was ich heute nicht mehr mache, bin ich froh. Sowas sollte man heute nicht mehr machen. Und andere Dinge, die ich heute nicht mehr mache, bringen mich dazu, die Zeiten ein bisschen zu vermissen. Und dann kriege ich Lust auf einen Ausflug in meine Jugend. Ich glaube, ich werde dich morgen anrufen.



1 Kommentar:

  1. sehr schöner text! :D ich vermisse auch diese Jugend, aber ganz haben wir sie vielleicht doch nicht verloren, immerhin können wir zumindest manchmal immernoch über unglaublich stumpfsinnige Dinge mit einer ungeheuren Leichtigkeit lachen, die anderen (so glaube ich zumindest) definitiv fehlt. und dafür bin ich dir sehr Dankbar.

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