Samstag, 14. Januar 2012

Am Fuße der Köchin

Ganz oben, auf meiner Liste der Dinge, die ich 2012 gelernt habe und nie wieder machen werde, steht: Freiwillig ein Blockseminar machen. Wirklich, das ist ganz ganz furchtbar. Da muss man so Sachen machen wie um 5.45 Uhr aufstehen, damit man die in etwa einzige Bahn erwischt, die einen zur Uni bringen kann. Ich wusste gar nicht, wie unglaublich kalt es so früh ist. Und es ist so dunkel, der Mond schien noch in seiner vollen Pracht, und irgendwo Richtung Uni geht man dann hin zur Sonne. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen Sonnenaufgang gesehen habe. Jedenfalls nicht so, dass ich vorher geschlafen habe, sondern dann eher vor dem Schlafengehen. Und auf dem Rückweg nach Hause sieht man dann den Sonnenuntergang und die blaue Stunde. Ein ganzer Tag auf dem Campus. Der erste Tag, an dem mal die Sonne scheint, es nicht regnet und nicht stürmt wie blöd. Und man sitzt in der Uni, wenn man ein Blockseminar hat. Den ganzen Tag. Man stopft Kekse, Nüsse und Nudeln in sich rein. Und man trinkt die ganze Zeit Tee, damit man oft pinkeln muss, damit man wenigstens ein bisschen Auslauf bekommt. Man macht kurze Pausen, und wenn der Dozent mal kurz weg ist, legt man gerne mal eine spontane Tanzeinlage hin, oder man legt sich kurz auf den Boden. Ideal wäre, wenn man dabei noch die Pixies hört. Aber bevor man das machen kann, ist der Dozent schon wieder da. Der Sinn ist, dass man was lernt, die Frage ist, wie viel hängen bleibt (wenn überhaupt), wenn das Gehirn sich schon nach zwei Stunden anfühlt wie ein zäher breiiger Matsch. Da kriegt man nach acht Stunden noch die Aufgabe, ein 140-Seiten-Buch nochmals zu lesen, weil man ja eine Stunde früher als geplant Schluss gemacht hätte. Aber das Hirn wird nicht so schnell wieder fest, wenn es einmal zu Matsche geworden ist. Wach hingegangen, einst, am frühen Magen, kommt irgendwann die richtige Niederlage. Man kann nicht mehr, will nicht mehr, soll nicht mehr. Man will nur noch in den Arm genommen, gestreichelt werden und hören, dass eines Tages alles gut wird. Stattdessen: eine Hilfeschrei-SMS: "Rette mich. Bitte." Man wird durchhalten. Irgendwann kommt es, dass alles nur noch lustig ist. Plötzlich fallen einem Dinge ein. Man denkt über Metaphern nach, darüber, dass der "Fuß des Berges" irgendwie sowas ist, weil ja beides unten ist, dann denkt man an Füße, und dann fallen einem wieder Sachen von früher ein, als man falsch übersetzte, und man Sätze hatte wie "Er schlief am Fuße der Köchin", und man muss lachen und weiß, dass man es überleben wird, irgendwie, nur, weil es auch lustige Sachen gibt, die einen am Leben halten, in dem Moment. Irgendwann spinnt man nur noch Müll im Kopf rum, denkt sich Zeilen aus wie "Du wolltest immer, dass ich das Leben in vollen Zügen und an leeren Plätzen genieße [man schreibt in diesem Moment erstmal "Plätzchen" statt "Plätzen"]" und Dinge wie "Ich will dich intern fokalisieren, Baby." Dann weiß man, es wird Zeit zu gehen. Darf man aber noch nicht. Irgendwann ist der Tag vorbei und irgendwie alles andere auch und irgendwie auch überhaupt nicht, und dann hört man ein paar Stimmen, findet ein Päckchen, und alles ist wieder gut, bis man merkt, dass man ins Bett gehen sollte, weil man am nächsten Tag auch wieder aufstehen muss. Sehr früh aufstehen muss. Und dann fängt alles wieder von vorne an und dann ist es auch schon, nein, endlich, vorbei, hoffentlich.

1 Kommentar:

  1. hey, ich hoffe du hast dich vom trauma erholt.

    liebe grüße von maria

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