Heute war ich beim Friseur. Ich gehe gerne zum Friseur. Ich mag es da. Alle sind so nett und normalerweise haben Friseure auch immer Haare, die schön anzugucken sind. Ich war lange nicht beim Friseur, weil ich momentan nur ein kurzes Mähnchen habe, bei dem es schwachsinnig wäre, alle zwei Monate Spitzen schneiden zu lassen, vor allem dann, wenn ich sie wachsen lassen will. Nun war ich nach fünf Monaten wieder in einem Friseursalon, zum ersten Mal in der altneuen Stadt. Ich mag es, von anderen Leuten die Haare gewaschen zu kriegen, weil die nämlich die schön die Kopfhaut massieren können. Ich mag es, für einen kleinen Moment im Mittelpunkt zu stehen. Und ich finde es faszinierend, dass Leute, die mich so gut wie gar nicht kennen, wissen, was gut aussehen wird.
So viel dazu.
Da saß ich nun also vorhin beim Friseur und wie das so oft in solchen Räumlichkeiten ist, lief laut im Hintergrund der städtische Radiosender. Und dann lief plötzlich ein Song, da wäre ich am liebsten aufgesprungen. Es war die Stimme eines jungen Mädchens, das mit voller Röhre zu ruhigen Klavierklängen „Skinny Love“ von Bon Iver sang. Bon Iver ist ja lange kein Geheimtipp mehr, schade allerdings; aber er ist einer dieser Künstler, die ich schon lange lange, bevor er bekannt wurde, kannte. Sein erstes Album, von 2007, heißt „For Emma, forever ago“ und ich mag es sehr, sehr gerne. In einem Interview habe ich mal gelesen, wie es zu diesem Album kam: Der Herr wusste nicht, wohin mit seinem Leben und entschied sich, eine Weile in einer kleinen Waldhütte zu leben. Und da und dann entstand dieses Album, und man hört es in jedem Ton. Es klingt holzig, waldig, Instrumente sind verstimmt, die Aufnahmequalität ist nicht die beste. [Und das klingt so, weil es authentisch und nun mal so ist und nicht, weil es hipstermäßig total angesagt ist, so zu tun, als hätte man nichts] Und da ist so viel Einsamkeit und Schmerz in seiner Stimme. Ich liebe dieses Album sehr und seit einigen Jahren begleitet es mich schon.
Und dann sitzt man beim Friseur und hört, wie eins der besten Lieder aller Zeiten von einem quietschenden Mädchen gecovert wird. Das macht mich fertig. Klar, es ist ihre eigene Interpretation eines Songs (falls man denn mit 15 Jahren überhaupt in der Lage ist, diese Emotionen nachzuempfinden und etwas zu interpretieren) und so weiter, trotzdem veranlasst es mich dazu, mal zu sagen, wie furchtbar ich Coverversionen finde.
Nicht alle. Es gibt durchaus gute Coverversionen von Songs, wie beispielsweise „Hey Ya“ von Obadiah Parker, der mit seiner Version zeigt, dass Hip Hop mehr ist als Titten und Ärsche. Oder auch Glen Hansard mit seiner wunderschönen Version von Britney Spears „Everytime“, wodurch deutlich wird, dass es sich einfach um gutes Songwriting handelt. Selbst mein Mitbewohner, der der größte Radiohead-Fan aller Zeiten ist, war durchaus angetan vom „High & Dry“-Cover von Jamie Cullum und von der „Idioteque“-Version vom Frontman von We Invented Paris. Das und viele mehr sind gute Cover, weil die Interpretation Sinn macht und vor allem, weil es Musiker sind, die auch so an und für sich einiges drauf haben. Ganz schlimm fand ich auch die Kinderchorversion von Oasis‘ „Whatever“, wie er in einer Werbung für ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk zu hören war. Wenn es eine Band gibt, die man nicht cover kann/darf/sollte, dann ist es Oasis. Diese Band war meine erste große Liebe und niemand darf deren Songs singen. Nur die Band selbst, natürlich.
Also finde ich an und für sich Coverversionen furchtbar. Zumindest die Schlechten, von Leuten, die keine Ahnung von Musik und vom Leben haben. Liebe 14-jährigen Mädchen da draußen, die hoffen, mit dem, was sie „Musik“ nennen, auf Youtube ganz groß rauszukommen: Schreibt eure eigenen Songs. Bitte.
Ja es ist schon etwas sehr angenehmes von einer fremden Person die Haare gewaschen zu bekommen. Ich liebe das sehr. Und was deinen Musik-Tipp angeht. Ich kannte ihn nicht und habe den Namen auch noch nie gehört.Aber "bon iver - skinny love" bgefällt mir ausgesprochen gut;)
AntwortenLöschenIch stimme dir vollkommen zu. Ich mag Künstler generell nicht, die nicht einmal ihre eigenen Songs schreiben.. Irgendwie sind das für mich dann gar keine richtigen Künstler, weil sie entweder nur Lieder covern oder jemand anderes Ihnen irgendeinen Text vorlegt, den sie dann eben singen. Und das merkt man, weil dann das Gefühl fehlt, finde ich..
AntwortenLöschenGlen Hansard ist für mich ein ganz wunderbarer Künstler. Hast du den Film "Once" gesehen? :)
Bon Iver hab ich bisher leider noch gar nicht gehört, das hole ich aber gleich nach :)
Alles Liebe <3